Farbe bekennen

Dass 33 % Das Waldmagazin so umweltverträglich wie möglich entstehen soll, ist uns ein wichtiges Anliegen. Im F & W Druck- und Mediencenter haben wir ein Unternehmen gefunden, das seit Jahren auf Nachhaltigkeit setzt. Eine der größten Bogendruckereien Bayerns arbeitet klimaneutral, weitgehend mit ökologischen Farben, auf Recycling-Papieren und durchläuft gerade die Zertifizierung zum Blauen Engel. Eine Erfolgsgeschichte aus dem Chiemgau.

Text: Britta Mentzel, Fotos: Korbinian Seifert und Manuel Übler, Ausgabe 01/20

Mehr als 4800 Tonnen Papier pro Jahr auf 63,5 Millionen Bögen werden bei F&W bedruckt. Würde man sie neben­einander ausbreiten, bedeckten sie eine Fläche von 38  000 Quadratkilometern, das entspricht halb Bayern. © Korbinian Seifert und Manuel Übler

Es gibt Dinge, die ganz sicher nicht leben und die trotzdem etwas Sinnliches haben. Weil man sie fühlen, riechen, lieben kann, weil sie ein ganz eigenes Gesicht haben oder doch wenigstens eine ganz spezielle Oberfläche. Sie existieren in vielen verschiedenen Varianten, mit maximaler Gestaltungsmöglichkeit und unendlich formbar. Von welchem Wunderding die Rede ist? Von Papier.

Papier kann rau und glatt sein, es kann edel und billig wirken, es transportiert tiefste Gedanken und einfachste Botschaften. Und trotz seiner Vielfalt und Allgegenwart wissen die Wenigsten mehr über die Druckerzeugnisse, die sie nutzen. Wie bei Möbeln galt früher vor allem schweres Papier als wertig; war es mit satten Farben glänzend bedruckt, hatte man das Gefühl, eine Wertanlage in Händen zu halten. Wenn ein Magazin seine Papierqualität änderte, konnten Abokündigungen die Folge sein. Ob die Produkte umweltverträglich waren oder nicht, spielte meist keine Rolle, für den Leser wohl ebenso wenig wie für den Drucker. Das ist heute anders, auf beiden Seiten.

 

Ein Baby bringt die Wende

Bei Benedikt Wild lässt sich das Umdenken an einem relativ klaren Zeitpunkt festmachen: 2014, mit der Geburt seines ersten Kindes. Damals fing der junge Geschäftsführer der Druckerei F & W in Kienberg im Südosten Bayerns an, darü­ber nachzudenken, welche Welt er seinem Sohn hinterlassen möchte – und es war eine Frage der Logik, auch das eigene Unternehmen in die Überlegungen miteinzubeziehen. Vor elf Jahren stieg der heute 37-Jährige in das Druck- und Mediencenter seines Vaters Lothar ein, das er seither mit seinem Bruder Lorenz und dem Co-Gründer Fritz Föttinger leitet. 

Der Druck mit UV-Farben, die sich wie eine Plastikschicht aufs Papier legen, war damals der letzte Schrei, dabei gelten viele Inhaltsstoffe als bedenklich. Derartige Chemie-Cocktails wollten die Wild-Brüder nicht mehr in der Firma haben. Also richteten sie den Betrieb neu aus, warfen die entsprechende Maschine aus der Druckhalle – wobei »rauswerfen« heißt »verkaufen« – und setzen seitdem auf ökologische Farben. Sobald gänzlich kennzeichnungsfreie Druckfarben auf den Markt kommen, soll die Fabrikation komplett umgestellt werden. Noch sind solche Farben ein Fall für die Forschung, doch erste Testreihen liefen bei F & W bereits erfolgreich. 

Die Farben, die aktuell in den Zeitschriften, Katalogen und Büchern aus der Kienberger Druckerei stecken, sind mineralölfrei, auf Basis nachwachsender Rohstoffe produziert, sie kommen ohne Cobalt und toxische Schwermetalle aus. Sie genügen den Anforderungen an den Blauen Engel und enthalten nur einen einzigen kennzeichnungspflichtigen Zusatzstoff, ein Konservierungsmittel, wie es auch in der Kosmetikindustrie verarbeitet wird – besser geht es momentan nicht. Und: Statt aus Farbdosen erhalten die beiden Heidelberger Druckmaschinen in der großen Druckhalle über eine zentrale Farbversorgung aus großen Behältern ihren Nachschub an Cyan, Yellow, Magenta und Schwarz. Eigentlich gebe es einen ganz simplen Test, die Unbedenklichkeit zu ermitteln, erklärt Benedikt Wild: »Die Farben, die einfach nur nach Farbe riechen, sind meist die unschädlichsten.« 

Alles unter einem Dach

Die Druckerei, in der auch 33 % Das Waldmagazin entsteht, hat sich in 30 Jahren vom Zwei-Mann-Unternehmen zum mittelständischen Betrieb mit knapp 100 Mitarbeitern entwickelt. Etwa zehn Prozent davon sind Auszubildende – viele von ihnen bleiben nach der Lehre in der Firma. Seinen Mitarbeitern gegenüber empfindet Benedikt Wild natürlich eine Verantwortung, doch von anderen Zwängen fühlt er sich frei. »Als Familienunternehmen müssen wir keine Zahlen an Investoren liefern, sondern sind in unseren Entscheidungen frei«, sagt er. Das schafft Luft, Neues zu probieren – und kleine Projekte zu unterstützen. Für die niedrigen Auflagen von 300 bis 400 Exemplaren steht neben dem Lagerraum im Keller die Digitaldruckmaschine bereit. Dort entstehen kleine Wunderwerke wie Künstlerkataloge mit feinsten Schwarznuancen oder das Portfolio von Korbinian Seifert und Manuel Übler, von denen die hier abgebildeten Fotos von der Druckerei stammen. 

Neben den Liebhaberstücken füllen auch große Projekte die Auftragsbücher – Flyer, Kataloge und Imagebroschüren für die Bayerische Staatsoper, den FC Bayern München, für Kunstmuseen, Industriebetriebe, namhafte Verlagshäuser und Magazine mit einer Auflage von bis zu 140 000 Exemplaren. »Wir machen alles außer Auto«, sagt Benedikt Wild. Statt sich von einem einzigen großen Auftraggeber abhängig zu machen, sorgt die breite Streuung für Auslastung in dem Dreischichtbetrieb. Die Druckerei wagt technisch Neues, beispielsweise die halboffene Fadenbindung für das Grafikmagazin »Novum«, und akquiriert zugleich nur das, was Mitarbeiter und Maschinen auch tatsächlich leisten können. Eines der wichtigsten Prinzipien dabei: die völlige Transparenz. Die Umweltbroschüre in eigener Sache, »Print eco & awesome«, legt auch die heiklen Punkte offen.

Das Prinzip Transparenz

Während die Druckplatten seit 2019 ohne Chemie und Alkohol auskommen, bereiteten Kleber, Leim und Reinigungsmittel zuletzt noch Kopfzerbrechen. Mit der Zertifizierung durch den Blauen Engel 2020 sollen diese Probleme gelöst sein – der Transport quer durch Deutschland bleibt jedoch ein Negativposten, für den es noch keine Kompensationsmöglichkeiten gibt. »Mit unserem Handeln schädigen wir die Umwelt – das ist uns bewusst«, räumt die Broschüre »Print eco & awesome« ein, aber »wir versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten.« Bei der Verpackung gelingt das zunehmend. Früher waren 700 Gramm Plastik nötig, um eine Palette Papier versandreif zu verpacken – inzwischen reichen 500 Gramm, das spart eine Tonne Plastik im Jahr. 2017 liefen erste Versuche, auf Folien aus nachwachsenden Rohstoffen umzustellen, Stichwort Maisstärke.

Der wichtigste Posten aber ist das Papier. Hier freut sich Benedikt Wild über ein Umdenken von Auftraggebern wie Lesern gleichermaßen. Noch bestehe zwar die Notwendigkeit, auf frischen Zellstoff zurückzugreifen, doch wächst die Palette der Recyclingpapiere. Es gibt sie in allen Schattierungen, gebleicht und ungebleicht, zertifiziert oder nicht, mit und ohne Frischfasern – hier sind die Kunden aufgerufen, schon bei der Papierauswahl für das Magazin oder den Imagekatalog Glaubwürdigkeit zu transportieren. Über schlechte Haptik brauchen sie sich keine Sorgen mehr zu machen. Benedikt Wild bringt die moderne Qualität von Recycling-Papieren auf den Punkt: »leider geil«.

Für die verantwortungsvolle Bewirtschaftung der Forste stehen die Siegel, auf deren zertifizierten Papieren F & W druckt: »FSC« und »PEFC«. Beide Labels garantieren die lückenlose Rückverfolgung bis zum Baum, achten aufs Tierwohl und setzen auch soziale Standards – allerdings bestehe auch bei diesen Non-profit-Organisationen laut Greenpeace noch Verbesserungsbedarf. Es kann nur positiv sein, wenn die ganze Branche in Bewegung bleibt … 

Ziemlich beste Quoten

In der Frage der Klimaneutralität strebt F & W eine grüne Null an. Das beim Druck anfallende CO2 – hierzu zählen auch die Anfahrten der Mitarbeiter – wird über weltweite Schutzprojekte kompensiert, sofern es der Kunde in Auftrag gibt. Auf 3000 Quadratmetern Dachfläche produziert das Mediencenter seinen eigenen Strom und deckt damit mehr als ein Fünftel des eigenen Bedarfs. Vom Druck über das Falzen und Heften, die Bindung, das Einlegen von Prospekten, die Etikettierung und bei Bedarf das Einschweißen finden alle Arbeitsschritte auf dem Firmengelände in Kienberg statt, das vermeidet unnötige Fahrwege. 

Das alles sind gute Nachrichten für Menschen, die Printerzeugnisse lieben. Die Bücher und Magazine gern in der Hand halten, sie immer wieder mal herausziehen, verleihen und verwahren möchten. Das vielbeschworene Ende des Gedruckten ist laut Benedikt Wild jedenfalls noch lange nicht in Sicht, im Gegenteil: »Es gibt so viele Ideen und Kreative – niemand muss die Sorge haben, dass Printerzeug­nisse vom Markt verschwinden.«

Dieser Beitrag entstand Anfang 2020, mittlerweile hat F & W die Zertifizierung zum Blauen Engel erhalten und produziert seither nach den strengen Richtlinien. Mehr Informationen: www.fw-medien.de

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