Der Berg blüht

Der bekannte Bergfotograf Bernd Ritschel entdeckt auf einer Wanderung in den Ötztaler Alpen den Makrobereich der Pflanzenwelt.

Von Bernd Ritschel, Ausgabe 01/20

Als ich um fünf Uhr morgens auf der Leckalm den Rucksack schultere, um Richtung Plattachsee zu wandern, ist es ganz still; nur ein paar Mücken schwirren durch die laue Luft. Über dem Kamm der Hochreichspitze wird bald die Sonne aufgehen. Der Pfad schlängelt sich an Lärchen im ersten Grün und an verwachsenen Zirben vorbei, schon öffnet sich das Panorama. Der Blick reicht vom Hauerkogel im Süden bis zum Acherkogel im Norden. Für mich als Bergfotografen ist eigentlich alles wie immer: Oben die Gipfel … und darunter? Auf den mittleren Höhenlagen der Ötztaler Alpen und direkt zu meinen Füßen breitet sich ein Teppich von Bergblumen. Je nach Höhe und Phase des Bergfrühlings blüht auf dem Weg vom Talboden bei Oberried bis hinauf zum Plattachsee eine Vielzahl unterschiedlichster Gewächse. Aber es sind nicht nur Glockenblume, Teufelskralle und
Frauenschuh, die mich dort oben begeistern, sondern vor allem die Alpenrosen auf unendlich scheinenden Flächen. Im Licht der tiefstehenden Morgensonne leuchten ganze Hänge intensiv rosarot. Der zarte Duft der Heidekrautart liegt wie ein Schleier darüber. Doch der Zauber der Alpenrosen hält nur für kurze Zeit. Je nach Wetter und Temperatur beginnt er Mitte Juni und endet spätestens im Juli – umso kostbarer erscheint die Blüte. Die Welt der Berggipfel ist mir seit Jahrzehnten vertraut, den Makro­bereich der Pflanzen entdecke ich gerade erst neu, ein ganzer Kosmos an Farben und Formen unterm grauen Fels.

Er gilt als einer der großen Berg- und Naturfotografen: Für Bernd Ritschel ist kein Berg zu hoch, kein Weg zu weit und kein Morgen zu früh, um seine wundervollen Bilder zu machen. https://www.lightwalk.de/home.html