Aura

Im oberösterreichischen Zentralraum sind in manchen Augebieten bis heute wertvolle naturnahe Biotope und Ökosysteme erhalten geblieben. So lassen sich in intensiv genutzten und dicht besiedelten Gebieten nur unweit der Landeshauptstadt Linz bedeutsame und oftmals verborgene Kleinode weitgehend unberührter Natur finden. Ihre Erhaltung stellt eine besondere Herausforderung dar.

Von Rupert Kogler, Ausgabe 02/21

Im Spätherbst lässt die hektische Lebhaftigkeit des Sommers spürbar nach, und die Aubewohner scheinen vor den entbehrungsreichen Wintermonaten noch einmal zur Ruhe zu kommen. Eine Ruhe, wie sie wohl nur die Natur vermitteln kann. Selbst in spektakulären Momenten wie dem Zusammentreffen von Morgennebel und der aufgehenden Sonne wirkt sie beinahe greifbar. Lautlos und friedlich komplettieren die Wasservögel die Szene, als wollten sie zum Verweilen in ihrem Reich aus Wasser und Vegetation einladen.

Eisvögel sind wohl so etwas wie die Wappentiere eines jeden halbwegs intakten Augebietes, und sie haben nicht nur bei Naturfotografen hohe Sympathiewerte. Die Vögel kommen gar nicht so selten vor, wie viele glauben, dennoch kann man sie trotz ihres auffallend bunten Gefieders erstaunlich leicht übersehen. Nimmt man sich allerdings etwas Zeit am Rande eines Augewässers mit potentiellen Ansitzästen, dann stehen die Chancen nicht schlecht, einen Eisvogel zu beobachten, der knapp über die Wasseroberfläche flitzt. Und kann man seinen stolzen Ruf erst einmal zuordnen, wird es einfacher, einen dieser kleinen Fischer zu sichten. Die Tiere sind das ganze Jahr über aktiv, wobei sie im Spätsommer wohl am besten zu entdecken sind.

Nur selten zeigt sich die Schönheit der Au so eindrucksvoll wie hier – bereichernd sind Aufenthalte in der Natur jedoch immer. Je öfter man sich draußen bewegt, desto mehr beginnt man, alle Facetten der Natur zu genießen. Momente des Regens sind nicht weniger anmutig als Augenblicke im Sonnenschein – es ist einfach und enorm wertvoll, dieses Empfinden wieder zu erlernen. So scheint auch das Reh diesem lichtdurchfluteten Morgen die gleiche Bedeutung beizumessen wie jedem anderen Tag.

Offene Flächen sind in den Auen spärlich gesät. Das Dickicht und die Wälder bieten den Tieren wertvolle verborgene Lebensräume, und so sind Sichtungen dort rar und meist flüchtig. Seichte Gewässer stellen hier eine Ausnahme dar. Säugetiere kommen damit in der Regel hervorragend zurecht und haben wenig Scheu, eine Wasserader zu queren. In manchen Arealen der Au findet man morgens frische Wühlspuren von Wildschweinen. Die Tiere selber lassen sich nur ausgesprochen selten blicken. Umso unvergesslicher sind Momente wie dieser, als das stattliche Wildschwein, nur wenige Meter entfernt, vollkommen entspannt durchs Wasser strich.

Die oft undurchdringliche Ufervegetation der Au­gewässer bietet einer Vielzahl von großen und kleinen Organismen Lebensraum, Jagdrevier, Unterschlupf und Nahrung. Speziell im Spätsommer lohnt sich ein genauer Blick, dann sind unzählige Insekten oder andere Gliederfüßer wie diese Wespenspinne im Chaos des wuchernden Grüns zu finden. Zumeist offenbaren sich diese Schätze aber erst bei näherer und behutsamer Betrachtung. Das Gleiche gilt für die kleinen magischen Momente der Natur, wie sie beispielsweise durch Tautropfen entstehen.

Augebiete sind ein fantastischer Lebensraum für unzählige Wasservögel. Unter den Enten tragen die männlichen Reiherenten mit ihrem schwarz-weißen Gefieder und den gelben Augen das wohl eleganteste Federkleid. Herbstliche Birken warten mit dem gleichen Farbspektrum auf. Ihre schwarz-weiß gemusterten Stämme in Kombination mit gelbem Herbstlaub, nebeligem Wetter und einem dieser schönen Vögel bringen die Harmonie, die der Natur innewohnt, überaus gelungen zum Ausdruck.

Alle Abbildungen: Rupert Kogler/www.rupertkogler.com

Die Fotografie dient dem Linzer Rupert Kogler als wichtigstes Kommunikationsmittel, um die Bedeutung intakter Natur zu vermitteln und deren Anmut aber auch Fragilität zu präsentieren. Bereits seit vielen Jahren fotografiert er die Auen Oberösterreichs und rückt damit ihre Bedeutung für Mensch, Tier und Pflanzen in den Mittelpunkt. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet. http://www.rupertkogler.com

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